Pressestimmen

13. August 2002
Benennung eines Weges im Büsing-Park nach Rabbinerin Regina Jonas

Frankfurter Rundschau, Ausgabe 4, 14.08.2002, Seite I

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2002, Seite 47



Frankfurter Rundschau, Ausgabe 4, 14.08.2002, Seite I


Ein Weg erinnert an die erste jüdische Rabbinerin
Gestern wurde im Büsing-Park ein Pfad nach Regina Jonas benannt / Auch Salomon Formstecher wird noch geehrt

Anlässlich ihres 100. Geburtstages hat gestern Kulturdezernent Stephan Wildhirt im Beisein von führenden Vertretern jüdischer Organisationen den Regina-Jonas-Weg im Offenbacher Büsing-Park offiziell eröffnet. Jonas war die erste zur Rabbinerin ordinierte Frau in der Geschichte des Judentums.

OFFENBACH. "Die heutige Wegbenennung nach Regina Jonas, die zugleich einen entsprechenden Beschluss der Stadtverordnetenversammlung umsetzt, ruft eine bedeutende, wegweisende Vertreterin des Judentums in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Erinnerung", sagte Wildhirt bei dem Festakt. Sie erinnere zugleich an Rabbiner Max Dienemann. Der nach ihm benannte Weg am Büsing-Park-Eingang stößt auf den neuen Regina-Jonas-Weg, was so beider Verbindung - fast 70 Jahre nach ihrer Ordination - verdeutlicht. Zusammen mit dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Offenbach, Jakob Kerem-Weinberger, sowie dem Vorsitzenden der Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft zog der Dezernent die Verhüllung von dem Wegeschild.

Die Stadt Offenbach hatte Max Dienemann, der Ende 1938 zur Emigration gezwungen worden war, bereits vor drei Jahren anlässlich seines 60. Todestages (10. April 1939) mit der Wegebenennung geehrt. Am 1. Oktober dieses Jahres soll das Dreieck vollendet werden, dann nämlich wird der Weg entlang des Büsing-Palais nach dem bedeutenden Rabbiner Salomon Formstecher betitelt. Zwischen 1832 und 1882 war er als Rabbiner und Seelsorger n Offenbach tätig. Er erhielt vor 120 Jahren als erster jüdischer Bürger die Ehrenbürgerwürde der Stadt Offenbach. "Der Büsing-Park mit seinen drei Wegen in der Mähe des alten und neuen jüdischen Gemeindezentrums und der alten Synagoge, ruft drei Persönlichkeiten ins Gedächtnis, die Geschichte und Schicksal jüdischen Lebens in Offenbach in herausragender Weise verkörpern", sagte Wildhirt.

Geboren am 3. August 1902 in Berlin als Tochter des Kaufmanns Wolf Jonas und seiner Frau Sara, geborene Hess, wuchs Regina Jonas mit ihrem Bruder Abraham in bescheidenen Verhältnissen auf. Sie studierte von 1924 an, so ist es im Stadtarchiv nachzulesen, an der liberalen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Der Abschluss ermöglichte Frauen eine Tätigkeit als Religionslehrerin. Das Ziel von Regina Jonas war es jedoch, als Rabbinerin wirken zu können. Sie verfasste 1930 als Abschluss ihres Studiums eine Schrift mit dem Titel "Kann eine Frau das rabbinische Amt bekleiden?"

Es war der Offenbacher Max Dienemann, einer der führenden liberalen Rabbiner seiner Zeit und Erneuerer jüdischer Frömmigkeit, der am 27. Dezember 1935 nach langen Bemühungen Regina Jonas als erster Frau in der Geschichte des Judentums die Ordination als Rabbinerin erteilte. Wegen großer Vorbehalte seitens des deutschen zeitgenössischen Judentums konnte sie dieses Amt jedoch nie offiziell ausüben. Vom 1. August 1937 an durfte sie lediglich als Religionslehrerin mit dem Zusatz "rabbinisch-seelsorgerischer Betreuung" in Altersheimen, im Krankenhaus und anderen städtischen Einrichtungen tätig werden.

Dies änderte sich auch nicht, als sie nach 1938 immer häufiger Gemeinderabbiner vertreten sollte, die angesichts der nationalsozialistischen Verfolgung ausgewandert oder verhaftet und deportiert worden waren; keine Gemeinde wagte es, sie in das Rabbineramt zu berufen. Wie sehr Rabbiner Dienemann und Jonas Neuland betreten hatten, zeigte sich an der weiteren Geschichte der Frauen-Ordinationen. Erst im Jahr 1972 erfolgte in den USA die nächste Ordination einer Frau zur Rabbinerin.

Bis zu ihrer Deportation nach Theresienstadt am 6. November 1942 wirkte Regina Jonas weiter als Religionslehrerin mit seelsorgerischen Aufgaben. Auch im Konzentrationslager hielt sie Gottesdienste, Predigten und Vortrage. Am 12. Oktober 1944 wurde Regina Jonas nach Auschwitz deportiert und bald darauf ermordet. tek

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Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. August 2002, Seite 47

Stadt ehrt Rabbinerin Jonas

egli. OFFENBACH. Die weltweit erste Rabbinerin Regina Jonas wurde 1935 in Offenbach ordiniert. Nun trägt ein Weg im Büsing-Park ihren Namen. Damit ehrt die Stadt die bedeutende Wegbereiterin für die Emanzipation der Frauen im Judentum. Der Weg, der vom Büsing-Palais zur Kaiserstraße führt, verbindet sich am Eingang Kaiserstraße mit dem Max-Dienemann-Weg: Der Offenbacher Rabbiner war der einzige Vertreter des deutschen Judentums, der bereit war, Jonas die Ordination zu erteilen. "Dieser Ort hat eine geschichtsträchtige Bedeutung", sagte Bürgermeister Stephan Wildhirt (SPD) bei der Enthüllung des Schildes. Weil sich der Park in der Nähe der alten Synagoge und des neuen jüdischen Gemeindezentrums befindet, verwiesen die Wege auf das Schicksal der deutsch-jüdischen Gemeinde in Offenbach.

Jonas, am 3. August vor 100 Jahren in Berlin geboren, sah im Rabbinerberuf die Erfüllung ihres Lebenstraumes. Deshalb studierte sie an der liberalen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Wegen der Vorbehalte der jüdischen Gesellschaft lehnten die Talmud-Professoren ihre Ordination jedoch ab. Erst der liberale Dienemann erklärte sich bereit, sie zu prüfen. Aber auch nach dem Erhalt der Urkunde blieben die Vorbehalte bestehen, und Jonas konnte ihren Beruf nicht ausüben: Lediglich als Religionslehrerin war sie tätig. Im November 1942 wurde Jonas in das KZ Theresienstadt deportiert. Auch dort übernahm sie unbeirrt und entschlossen seelsorgerische Aufgaben. Zwei Jahre später kam sie ins Vernichtungslager Auschwitz, wo sie ermordet wurde.

Die Offenbacher Stadtverordneten hatten bereits 1995 beschlossen, eine Straße nach Jonas zu benennen, und griffen damit einen Vorschlag der kurz zuvor gegründeten Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft auf. Die Schilder des Max-Dienemann-Weges wurden 1999 enthüllt. Im Oktober erhält ein dritter Weg im Büsing-Park den Namen von Salomon Formstecher: Der Offenbacher Rabbiner war ein bedeutender Vertreter der jüdischen Reformbewegung im 19. Jahrhundert.

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